Doch die Vorstellungen, wie eine Familie auszusehen hat, sowie die Struktur der Familie haben sich im Zuge des sozialen Wandels stark verändert. In der traditionellen bürgerlichen Familie versorgte ein auf Dauer verheiratetes Ehepaar mehrere Kinder in strikter Rollentrennung: der Vater als berufstätiger Ernährer, die Mutter als Hausfrau. Dieses „Ernährermodell“ wird durchaus noch gelebt – zum Beispiel in unteren sozialen Schichten, unter Migranten oder auf Zeit, solange die Kinder noch klein sind –, aber es ist nicht mehr die vorherrschende Lebensform. Die Formen des Zusammenlebens sind erheblich vielfältiger geworden. Die Freiräume, zwischen verschiedenen Familienformen zu wählen oder auch ganz auf eine Familie zu verzichten, haben sich erweitert. Das hat nicht unerheblich mit der veränderten Rolle der Frau zu tun: Rund 64 Prozent der Mütter sind heute berufstätig. Die Familien sind kleiner geworden. Ein-Kind-Familien tauchen häufiger auf als Familien mit drei und mehr Kindern. Typisch ist die Zwei-Kind-Familie. Auch ein Leben ohne Kinder – als Paar oder allein – wird öfter geführt. Fast jede dritte der 1965 geborenen Frauen ist bis heute kinderlos geblieben.
Nicht nur die Lebensformen, auch die moralischen Grundhaltungen unterliegen einem Wandel. Partnerschaftliche Treue ist zwar weiterhin ein wichtiger Wert, doch die Norm, eine Lebensgemeinschaft auf Dauer einzugehen, hat sich gelockert. Die Ansprüche an die Qualität einer Partnerschaft sind dagegen gestiegen. Dies ist einer der Gründe dafür, dass inzwischen etwa 40 Prozent der Ehen, die in den vergangenen Jahren geschlossen wurden, wieder geschieden werden. Eine erneute Heirat oder Partnerschaft ist die Regel. Deutlich zugenommen haben auch die nichtehelichen Lebensgemeinschaften.
Besonders bei jüngeren Menschen oder wenn gerade eine Ehe gescheitert ist, ist die „Ehe ohne Trauschein“ beliebt. So ist auch die Zahl der unehelichen Geburten angestiegen: In Westdeutschland wird etwa ein Viertel, in Ostdeutschland mehr als die Hälfte der Kinder unehelich geboren. Eine Folge dieses Wandels ist die Zunahme der Stieffamilien und der Alleinerziehenden: Ein Fünftel aller Gemeinschaften mit Kindern sind Alleinerziehende, und dies sind in der Regel allein erziehende Mütter. Auch die innerfamiliären Verhältnisse haben sich in den vergangenen Jahrzehnten weiterentwickelt. Die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern sind oft ausgesprochen gut und werden meist nicht mehr durch Gehorsam, Unterordnung und Abhängigkeit, sondern eher durch Mitsprache und Gleichberechtigung, durch Unterstützung, Zuwendung und Erziehung zur Selbstständigkeit geprägt.
Die im Grundgesetz geforderte Gleichberechtigung der Frauen ist in Deutschland – so wie in anderen modernen Gesellschaften auch – ein erhebliches Stück vorangekommen. So haben im Bildungsbereich die Mädchen die Jungen nicht nur eingeholt, sondern inzwischen sogar überholt. An den Gymnasien stellen sie 56 Prozent der Absolventen; der Anteil junger Frauen an den Studienanfängern der Universitäten beträgt knapp 54 Prozent. Von den Auszubildenden, die 2006 ihre Abschlussprüfung erfolgreich abgelegt haben, waren 43 Prozent junge Frauen. Immer mehr Frauen stehen im Berufsleben. Auch durch das seit 2008 geltende neue Unterhaltsrecht im Scheidungsfall wird es für Frauen immer wichtiger, einen Beruf zu haben. In Westdeutschland sind mittlerweile 67 Prozent der Frauen berufstätig, in Ostdeutschland 73 Prozent. Während Männer in der Regel einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen, arbeiten Frauen häufig, besonders jene mit kleineren Kindern, in Teilzeit.
Auch bei Löhnen und Gehältern bestehen nach wie vor Differenzen zwischen den Geschlechtern: So verdienen Arbeiterinnen nur 74 Prozent des Gehalts ihrer männlichen Kollegen und Angestellte lediglich 71 Prozent. Dies hat im Wesentlichen damit zu tun, dass Frauen häufig in niedrigeren und damit schlechter bezahlten Positionen arbeiten. Auch wenn sie inzwischen häufiger in die Spitzenpositionen der Berufswelt vorrücken, stoßen sie dabei nach wie vor auf erhebliche Karrierehindernisse. So sind zum Beispiel zwar knapp die Hälfte der Studierenden, aber nur ein Drittel der wissenschaftlichen Mitarbeiter und lediglich 15 Prozent der Professoren Frauen.
Die zentrale Bezugsgruppe der jungen Menschen ist – neben den Cliquen der Gleichaltrigen, deren Bedeutung stark zugenommen hat – die Familie. Noch nie lebten so viele Jugendliche – 73 Prozent der Jugendlichen im Alter von 18 bis 21 Jahren – so lange im Haushalt ihrer Eltern wie heute. Fast alle 12- bis 29-Jährigen geben an, ein sehr gutes und vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Eltern zu haben. Eine Ursache für den längeren Verbleib in der Familie ist, dass immer mehr junge Menschen immer länger im Bildungssystem bleiben. Ihr Qualifikationsniveau ist deutlich gestiegen. Insgesamt erwerben 43,4 Prozent eines Jahrgangs (18- bis 20-Jährige) eine Studienberechtigung, 36 Prozent eines Jahrgangs nehmen dann auch mittelfristig ein Studium auf. Zu den Problemgruppen im Bildungssystem gehören vor allem junge Menschen aus sozial schwachen Schichten und aus Migrantenfamilien.
Im Vergleich zu früheren Jugendgenerationen sind die Jugendlichen pragmatischer geworden und haben nicht nur ein gutes Verhältnis zur Elterngeneration, sondern auch zur Demokratie: Die pessimistische Protest- und „Null Bock“- Haltung der achtziger Jahre ist weitgehend einem unideologischen, optimistischen Pragmatismus gewichen. Die heutige junge Generation ist erfolgsorientiert und leistungsbereit. Ihre Lebensmaxime kann man auf die Formel „Aufstieg statt Ausstieg“ bringen.
Deutschland ist ein gastfreundliches Land. Von den rund 82,0 Millionen Bewohnern der Bundesrepublik 1996 sind 7,3 Millionen Ausländer; sie alle sind gerne nach Deutschland gekommen und im Land geblieben.
Die deutsche Wirtschaft ist seit dem Nachkriegsboom der fünfziger Jahre auf Arbeitsmigranten angewiesen. Die meisten der damals so genannten „Gastarbeiter“ sind in ihre südund südosteuropäischen Heimatländer zurückgekehrt, aber viele sind zum Leben und Arbeiten in Deutschland geblieben. Geblieben sind auch viele der später zugewanderten türkischen Migranten. Deutschland hat sich allmählich von einem Gastarbeiterland zu einem Land mit gesteuerter Zuwanderung entwickelt.
Eine zweite große Gruppe von Einwanderern bilden die deutschstämmigen Aussiedler, die seit vielen Generationen in den Staaten der früheren Sowjetunion, in Rumänien und in Polen gelebt haben und – verstärkt nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme – nach Deutschland zurückkehren. Diese beiden Einwanderergruppen haben erreicht, dass die Anzahl der Zuwanderung pro Kopf der Bevölkerung in Deutschland in den achtziger Jahren sogar erheblich höher lag als in klassischen Einwanderungsländern wie den USA, Kanada oder Australien. Mehr als sieben Millionen Ausländer, das sind fast neun Prozent der Bevölkerung, leben in Deutschland. Hinzu kommen etwa 1,5 Millionen eingebürgerte ehemalige Ausländer und etwa 4,5 Millionen Aussiedler. Insgesamt leben in Deutschland rund 15 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, zu denen nach Definition des Statistischen Bundesamtes u. a. auch eingebürgerte Ausländer sowie Kinder mit einem ausländischen Elternteil zählen.
Unter den Ausländern stellen die türkischen Staatsangehörigen mit etwa 1,7 Millionen die größte Gruppe, an zweiter Stelle stehen die Italiener (530000). Bei der Integration der Migranten in den vergangenen beiden Jahrzehnten sind Fortschritte erzielt worden: Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit wurde gesetzlich erleichtert, die Kontakte zwischen Migranten und Deutschen sind intensiver, die Akzeptanz der ethno-kulturellen Vielfalt hat zugenommen. Und mit dem neuen Zuwanderungsgesetz gibt es erstmals eine umfassende gesetzliche Regelung, die alle Bereiche der Migrationspolitik berücksichtigt. Doch bleibt Integration eine Herausforderung an Politik und Gesellschaft. Die Bundesregierung sieht in der Integration der in Deutschland lebenden Ausländer einen Schwerpunkt ihrer Arbeit. Dabei stehen Sprachförderung, Bildung und die Integration in den Arbeitsmarkt im Vordergrund. Im Juli 2006 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem ersten Integrationsgipfel mit Vertretern aller für Integration relevanten gesellschaftlichen Gruppen eingeladen. Das Ergebnis – der „Nationale Integrationsplan“ – wurde Mitte 2007 vorgestellt. Er enthält klare Ziele sowie über 400 konkrete Maßnahmen der staatlichen und nichtstaatlichen Akteure: So soll ein Netzwerk von Bildungspaten Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien in Schule und Ausbildung unterstützen, und die Wirtschaftsverbände sagten zu, jungen Migrantinnen und Migranten bessere Chancen bei der Ausbildung zu gewähren. Die Umsetzung des Plans soll regelmäßig überprüft werden.
Fast die Hälfte der Ausländer lebt seit mindestens zehn Jahren in Deutschland, 30 Prozent sind schon 20 Jahre und länger hier. Von den Ausländern, die sich seit mindestens zehn Jahren hier aufhalten, sind rund 900000 jünger als 25 Jahre. Zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen sind hier geboren. Die deutsche Ausländerpolitik setzt vor diesem Hintergrund einen Schwerpunkt auf die Integration der auf Dauer hier lebenden Zuwanderer. Im Zentrum dieser Integrationspolitik steht die Schaffung eines modernen Staatsangehörigkeitsrechts.
Die Integration der seit langem hier lebenden Ausländer wird durch eine Reihe von Maßnahmen gefördert. So gibt es zum Beispiel besondere Sprachförderungsprogramme und eine eigene Sozialberatung für Ausländer.
Die Belange ausländischer Mitbürger nimmt die Beauftragte der Bundesregierung für Ausländer wahr. Sie befaßt sich mit Konzeption und Einzelfragen der Ausländerpolitik und führt dazu Gespräche mit deutschen und ausländischen Politikern, Vertretern der Sozialpartner und anderen gesellschaftlichen Gruppen; insbesondere ist sie der Ansprechpartner der in der Ausländerarbeit aktiven Organisationen. Die Ausländerbeauftragte unterstützt vor allem Initiativen zur Förderung der ausländischen Wohnbevölkerung. Zu diesem Zweck steht sie auch in ständigem Kontakt mit den Botschaften der ehemaligen Anwerbeländer, besucht diese Länder auch selbst und führt Gespräche mit Regierungsvertretern vor Ort.
Eine wichtige Aufgabe sieht die Beauftragte in der Vermittlung umfassender und sachlicher Informationen über die Geschichte der Ausländerbeschäftigung sowie deren wirtschaftliche Bedeutung, die Entstehung und Entwicklung der deutschen Ausländerpolitik, die menschlichen Aspekte der faktischen Einwanderungssituation für Ausländer wie Deutsche und schließlich über die politisch-rechtlichen Bindungen der Bundesrepublik Deutschland aufgrund internationaler Abkommen und Erklärungen.
Die Bundesrepublik Deutschland wird auch weiterhin den Zuzug von Ausländern begrenzen, auch im Interesse der in Deutschland ansässigen Ausländer und ihrer Integration. Der 1973 erlassene Anwerbestopp für ausländische Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten bleibt aufrechterhalten. Illegale Einreise und Beschäftigung sind strafbar.
In Deutschland dauerhaft ansässige Ausländer können die deutsche Staatsangehörigkeit nach derzeit geltendem Recht nur durch Einbürgerung erwerben, die im wesentlichen im Reichs und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 und im Ausländergesetz von 1990 geregelt ist. Die Einbürgerungstatbestände des Ausländergesetzes für in Deutschland aufgewachsene junge Ausländer und seit 15 Jahren hier lebende Ausländer sind seit 1993 als Einbürgerungsansprüche ausgestaltet. Die Bundesregierung wird im Rahmen ihrer Integrationspolitik ein neues, modernes Staatsangehörigkeitsrecht entwickeln mit einem Geburtserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit für hier geborene Ausländerkinder und deutlichen Erleichterungen der Einbürgerung.
Schluβ
Deutschland ist ein Land mit einer groβen Bevölkerungsdichte. Zur Zeit leben in der BRD mehr als 80 Millionen Menschen, 6,5 davon sind Ausländer. Die Stammbevölkerung besteht fast nur aus Deutschen, hier gibt es wenige nationale Minderheiten.
Die Bevölkerung in Deutschland ist raumlich sehr unterschiedlich verteilt. Der Westen des Landes ist wesentlich dichter besiedelt als der Osten.
Die deutsche Gesellschaft ist eine moderne und offene Gesellschaft: Die meisten Menschen verfügen über eine gute Ausbildung, einen international betrachtet hohen Lebensstandard und über entsprechende Freiräume zur individuellen Lebensgestaltung. Im Zentrum ihres Lebens steht die Familie, deren Formen immer vielfältiger werden. Doch die Gesellschaft steht vor der Herausforderung, wichtige Probleme der Bevölkerungsentwicklung – die Alterung der Gesellschaft sowie die Zuwanderung mit zunehmender ethno-kultureller Vielfalt – zu lösen. Und noch eine Aufgabe haben die Deutschen zu bewältigen: die Folgen der 45-jährigen deutschen Teilung. Seit der politischen Wiedervereinigung im Jahr 1990 ist schon vieles geschehen, dennoch wird die Herstellung der sozialen Einheit Deutschlands auch in absehbarer Zukunft ein wichtiges Thema bleiben.
Список использованной литературы
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